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Deepskyfotografie mit der ToUcam Pro und der Bildbearbeitungssoftware Giotto

Direkt zur Anleitung

Vorwort:

Die Webcams vom Typ "Philips ToUcam Pro" eignen sich aufgrund ihrer Empfindlichkeit hervorragend für die Planetenfotografie. Relativ eingeschränkt sind damit aber auch Aufnahmen im Deepsky - Bereich möglich ohne Umbau. Als bestes Übungsobjekt sei hier der Orionnebel erwähnt, der z.B. in einem Celestron C8 mit Brennweitenverkürzung auf 1300mm schon im laufenden Videobild sichtbar ist. Doppelsterne und Sternhaufen sollten auch kein großes Problem darstellen. Bei der Aufnahme bzw. der Bildbearbeitung gibt es allerdings einige Dinge zu beachten.
Die ToUcam bewältigt die maximal mögliche Belichtungszeit nur bei einer Bildwiederholrate von 5 Bildern pro Sekunde. Bei höheren Bildraten sinkt die Empfindlichkeit, was die Kamera durch anheben der Verstärkung auszugleichen versucht (soweit möglich). Höhere Verstärkung bedeutet aber gleichzeitig mehr Bildrauschen, was die Bildqualität sehr stark beeinflusst (das Bild wird unnatürlich aufgehellt). Selbst bei besten Bedingungen (sehr dunkler Himmel, Kälte, welche das Bildrauschen der Kamera reduziert) bleibt immer ein gewisser Anteil an Bildrauschen vorhanden. Dieser ist zudem noch vom Weißabgleich der Kamera abhängig und nicht für jede Farbe gleich stark, was die Farbgebung der Bilder beeinträchtigt.  

Hier ein Vergleich zwischen den Bildwiederholraten und der Bildhelligkeit (Animation, 85kbyte)

Um dem Problem der Hintergrundaufhellung durch das Kamerarauschen entgegenzuwirken macht man Dunkelstrombilder. Diese Bilder werden mit verdunkelter Kamera gemacht und enthalten ausschließlich das Bildrauschen der Kamera. Dieses Dunkelstrombild wird nach bzw. während der Bildbearbeitung von den Rohbildern abgezogen. Giotto beherrscht diese Funktion glücklicherweise.
Eine weitere Möglichkeit um das Bildrauschen zu reduzieren ist, sehr viele Einzelbilder aufzunehmen und diese mittels Software zu überlagern. Auch dies wird von Giotto erledigt. Der größte Vorteil der Bildüberlagerung ist aber, dass sich die Auflösung der Helligkeitswerte des Bildes von 8 Bit pro Farbe auf bis zu 16 Bit pro Farbe erhöht. Somit steigt der Dynamikumfang des Bildes und man kann durch weitere Bearbeitung, z.B. Kontrastanpassung, Bilddetails erhalten die in einem einfachen unbearbeiteten Summenbild nicht sichtbar sind, weil sie unterhalb der Wahrnehmungsschwelle bzw. Darstellbarkeit des PC-Monitors liegen.

Eine Schritt für Schritt Anleitung:

Die Aufnahme


1.  Videoaufnahmesoftware starten (z.B. Philips VRecord oder Virtualdub) und alle wichtigen Einstellungen der ToUcam vornehmen

bulletAutomatik - Regelungen deaktivieren
bulletBildwiederholrate: 5 fps
bulletHelligkeit: sollte auf Mittelstellung stehen
bulletGamma: je nach Objekt auf Minimaleinstellung bis 3/4
bulletBelichtungszeit: üblicherweise 1/25s
bulletVerstärkung: üblicherweise max. (Überbelichtung sollte vermieden werden)
bulletAutomatischen Weißabgleich kurzzeitig aktivieren (1-10 Sekunden dauer)
bulletDas Teleskop möglichst gut fokussieren, dafür notfalls auf einen helleren Stern schwenken

So sollten die Kameraeinstellungen dann in etwa aussehen:
bulletKameraeinstellungen1   Kameraeinstellungen2


2.  Aufnahme des Deepsky - Objektes starten.

Je länger die Aufnahmedauer ist umso geringer kann das Rauschen nach der Bearbeitung sein (aber umso länger dauert die Bearbeitung auch!).


3.  Dunkelstromvideo aufnehmen

Nach der Aufnahme des Objektvideos die Teleskopöffnung verschließen und eine neue Videoaufnahme für das spätere Dunkelstrombild starten. Die Aufnahmedauer sollte ähnlich lang sein wie die des Objekt-Videos. Außerdem sollten die Kameraeinstellungen unberührt bleiben.


Die Bildberechnung/Bearbeitung


4.   Dunkelstrombild erzeugen

Giotto starten

Giotto Version 1.3:
Menüpunkt: Bildüberlagern -> addiere Bilder automatisch...
Auf unverbindliche Empfehlungen klicken und "Darkframe" auswählen. Danach die Rohbildquelle auf "Alle Einzelbilder im AVI-File" und "Jedes Bild" auswählen.

Giotto Version 1.24 (und älter):
Menüpunkt: Bearbeiten -> addiere Bilder direkt
Unter "Empfehlenswerte Einstellungen aus der Praxis..." auf "Darkframe" klicken, danach auf "Weiter ..."
Giotto 1.24 "Addieren"-Dialog

Das Dunkelstrombild speichern. Dazu am besten das FITS-Deteiformat verwenden - alternativ dazu 16Bit TIFF, siehe Menü Datei -> Grafikformate...


5.    Deepskyvideo addieren

Giotto 1.3: Erneut den "Bildüberlagern"-Dialog öffnen.Bei "Schnelleinstellung" auf "Vorige Einstellungen übernehmen" klicken und "Vorbehandlung" aktivieren. Dort unter "Vorbehandlung" die Option "Dunkelstrom" aktivieren und das soeben gespeicherte Dunkelstrombild auswählen. Die "Zentriermethode" sollte jetzt auf "Nachgeführtes Paßmuster in Umgebung suchen..." gestellt werden.

Giotto 1.24: Die Option "Dunkelstrom" ist in Giotto 1.24 und älter direkt im "Addieren"-Dialog integriert (siehe hier). Anpaßmethode auf Paßmustersuche stellen.

Wenn alle Einstellungen vorgenommen wurden auf "Weiter" klicken und warten, bis das Video berechnet ist. Dies kann je nach Länge des Videos einige Zeit dauern.



Hinweis:Die Paßmustersuche kann nur sinnvoll eingesetzt werden wenn Sterne im Bild sichtbar sind.
Bearbeitungstipp wenn keine Sterne sichtbar sind

6.    Kontrast-/Farbanpassung

Der letzte Arbeitsschritt in Giotto besteht darin aus dem scheinbar zu dunklen Summenbild die Information durch Kontrastspreizung herauszuarbeiten. Die Kontrasteinstellungen kann man am besten durch ausprobieren herausfinden, als kurze Starthilfe hier mal ein Screenshot mit Beispieleinstellungen, diese wurden bei dem weiter unten dargestellten Beispiel verwendet:

Der Regler "Toplevel" und die "Equalizing"-Einstellungen sind teilweise recht Wirkungsvoll.
Zu guter letzt kann man in Giotto noch mit der Tonwertkorrektur die Farbgebung des Bildes nach den eigenen Vorstellungen anpassen, und zwar für jeden Farbkanal separat.
Wenn dies alles erledigt ist kann man noch z.B. mit Neatimage das verbleibende Bildrauschen reduzieren, im Bildbearbeitungsprogramm noch eine kleine Beschreibung des Bildes hizufügen oder noch etwas an der Farbgebung arbeiten.


Hier noch ein Bild, welches den Unterschied zwischen einer Bearbeitung mit und ohne Dunkelstrombild zeigt. Beide Bilder wurden mit der oben gezeigten Kontrasteinstellung von Giotto bearbeitet.

Das Summenbild mit Dunkelbildabzug (unten links) scheint zu dunkel zu sein. Erst nach der Kontrastspreizung in Giotto wird sichtbar, daß dieses Bild tatsächlich wesentlich mehr Information enthält (unten rechts), es werden feine Nebelausläufer sichtbar, die im Bild ohne Dunkelbildabzug im Hintergrundrauschen "Ertrinken" und unnatürlich grün eingefärbt sind.




Bearbeitungstipp wenn keine Sterne sichtbar sind, Ergänzung zu Punkt 5

Wenn keine Sterne im laufenden Videobild sichtbar sind sollte man mit Anpaßmethode/Zentriermethode "keine" addieren, in dem Fall sollte die Teleskopmontierung allerdings sehr genau laufen oder man muß per Leitfernrohr oder Off-Axis-Guider nachführen.
Eine weitere Möglichkeit gibt es noch: man kann viele kurze Videosequenzen bearbeiten, bei denen Nachführfehler noch nicht sichtbar werden. Diese kurzen Videosequenzen sollten jeweils komplett bearbeitet werden, inklusive Kontrastanpassung. Jedes einzelne dieser Summenbilder kann dann anschließend in Giotto mit Paßmußtersuche addiert werden, um wiederum das Rauschen zu minimieren.
Eine Software, die dies automatisch durchführt inklusive Flatfield und Dunkelstrombild ist z.B. Astrosnap.
Auch das Programm Vega kann in "Echtzeit" addieren, ist aber etwas umständlicher zu bedienen.